PROPHET MUHAMMED RASULALLAH
  Auswanderung
 

 

Die medinensische Periode der Prophetie

Die Menschen in Yathrib hatten vom Aufbruch des Propheten, Gottes Segen und Frieden über ihn, gehört und konnten seine Ankunft kaum erwarten. Sie wussten nicht, dass er einige Tage in der Höhle abgewartet hatte und waren seit Tagen jeden Morgen vor die Stadt gegangen, um ihn dort zu empfangen. Nur die Mittagssonne hatte sie gezwungen, in ihre Häuser zurückzugehen.

Nach zwölf oder dreizehn Tagen kamen der Prophet und Abu Bakr dann endlich in Quba an, einem Ort etwa zehn Kilometer vor Yathrib. Die Menschen hatten sich auch an diesem Tag in der Mittagshitze zurückgezogen. So war der erste Mann, der die beiden sah, ein Jude, der zufällig auf dem Dach seines Hauses war und von dort aus in ihre Richtung schaute. Vor Begeisterung rief er so laut er konnte in Richtung des Ortes: „Ihr Araber! Er ist gekommen, er ist gekommen!“ Sein Ruf war weithin zu hören. Die Leute eilten sofort hinaus und scharten sich freudig um die beiden Ankömmlinge. Ihre Freude war riesig.

Der Prophet blieb vier Tage in Quba und legte in dieser Zeit den Grundstein für die erste Moschee, die im Islam erbaut wurde. In diesen Tagen traf auch Ali aus Mekka an.

Viele Leute kamen aus Yathrib nach Quba, den Propheten zu sehen, darunter auch einige Juden. Ein bemerkenswerter Besucher war Salman, der junge Perser. Er hatte vor Jahren ähnlich wie die Hunafa’ aus Mekka die Religion seines Volkes verlassen und sich im Irak und in Syrien christlichen Lehrern angeschlossen. Dort hörte auch er viel von dem Propheten, der in Arabien erwartet wurde. Deshalb vertraute er sich einer arabischen Kaufmannskarawane an, die ihn dorthin führen sollte. Sie verkauften ihn jedoch als Sklaven, und als solcher landete er schließlich bei einem Juden von Yathrib. Sein letzter Lehrer hatte ihm erklärt, woran er diesen Propheten erkennen würde. Eines der Zeichen war, dass er Geschenke annehme, aber keine Almosen. Als ihn die Nachricht von der Ankunft des Propheten erreichte, stahl er sich von seinem Dienst fort und packte Speisen ein. Er trat zum Propheten und überreichte ihm die mitgebrachten Speisen als Almosen. Dann beobachtete er, wie der Prophet seine Gefährten davon essen ließ, selbst aber nicht davon probierte. Salman war überglücklich und kehrte zurück zu seinem Dienstherrn, in der freudigen Hoffnung, sich bald dem Propheten anschließen zu können.

Auch eine Delegation aus der Sippe der Najjar, die seine Onkels mütterlicherseits waren, kam und sollte ihn von dort aus zusammen mit vielen anderen nach Yathrib geleiten.

Am darauf folgenden Freitag war es dann soweit. Unterwegs nach Yathrib betete er in einem Tal das erste Freitagsgebet mit vielleicht einhundert Mann. Am Nachmittag trafen sie in Yathrib ein. Dieser Tag war der 12. Rabi’ al-Awwal des Jahres 1 der islamischen Zeitrechnung (14 nach der Berufung; ca. 27. September 622). Die Zeit der Verfolgung und Unterdrückung war vorbei und es begann eine neue Ära mit völlig neuen Herausforderungen.
 

In der Stadt Yathrib war die Ankunft des Propheten, Gottes Segen und Frieden über ihn, ein Freudenfest. Niemals hatte es zuvor einen fröhlicheren Tag gegeben, wird der junge Anas bin Malik sich Jahrzehnte später erinnern. Alte und Junge, Frauen und Männer säumten die Straßen. „Der Prophet ist gekommen!“ Dieser Ruf war überall in der Stadt zu hören. Mädchen sangen ein Lied, das bis heute bei den Muslimen rund um den Erdball fast jedes Kind kennt. Es begann ein Wetteifern um die Ehre, den Propheten als Gast zu gewinnen. Einzelne und Vertreter von Sippen luden ihn ein, bei ihnen Quartier zu beziehen. Sie griffen nach den Zügeln seiner Kamelstute Qaswa’, um ihn zu sich zu führen. „Lasst sie, denn sie steht unter dem Befehl Gottes.“, sagte er ihnen jedes Mal nur.

Als diese Aussage langsam zu den Leuten in der Menge durchgedrungen war, konzentrierte sich ihre Aufmerksamkeit auf Qaswa’. Sie machten ihr den Weg frei und verfolgten ihren gemächlichen Schritt, bis sie sich auf einem Platz neben einigen Dattelpalmen und der Ruine eines Hauses niederließ. Dort beschloss der Prophet zu wohnen und die Moschee zu bauen. Das Grundstück gehörte zwei Waisen, die er bat, es ihm zu verkaufen. Sie wiesen ab und wollten es ihm schenken. Doch der Prophet bestand darauf, einen Kaufpreis zu zahlen. Ein Mann namens Abu Ayyub hatte derweil aufmerksam einen Augenblick abgewartet, den Propheten doch noch als Gast zu gewinnen. Er band unbemerkt das Gepäck von der Stute los und es in sein nahe gelegenes Haus gebracht. Als die Leute wieder begannen, um den Propheten zu buhlen, sagte er ihnen lächelnd: „Ein Mann bleibt bei seinem Gepäck.“ Abu Ayyub hatte diesen Wettkampf gewonnen. Seit diesem Tag wurde die Oasenstadt Yathrib auch madinatu n-nabiy, die Stadt des Propheten, genannt. Die Abkürzung Medina ersetzte rasch von selbst den alten Stadtnamen.
Die Gesellschaft der Stadt bestand nun aus den beiden großen arabischen Sippen Aws und Khazraj, von denen die meisten längst Muslime waren, und den Mekkanern. Die Aws und Khazraj waren die Ansar, zu Deutsch Helfer, die Mekkaner erhielten den Namen Muhajirun, Emigranten. Die neue Glaubensgemeinschaft wuchs schnell zusammen. Der Prophet unterstützte dies, indem er zwischen Einzelnen Männern und Familien, oft Ansar und Muhajirun, verbrüderte. Die Aktion war nicht der Form halber oder für oder für die fromme Unterhaltung im Augenblick gedacht. Familienbande bedeuteten damals bei den Arabern vor allem Verantwortung und soziales Einstehen. In diesem Sinne nahmen die Verbrüderten dieses neue Band ernst. Ein Mann der Ansar, der einen Bruder von den Muhajirun bekommen hatte, nahm diesen nicht nur bei sich als Gast auf, sondern bot ihm an, sein Haus mit ihm zu teilen. Er wollte sich auch von seiner Frau scheiden, damit er sie heiraten konnte. Der Muhajir war aber ein Kaufmann und wollte auf dem Markt sein Glück versuchen. Noch Jahre später würden die Verbrüderten es als selbstverständlich erachten, dem vom Propheten zugewiesenen Bruder einen höheren Erbanspruch zuzugestehen als dem leiblichen, bis im Koran hierzu eine klärende Aussage offenbart wurde. Die Verbrüderung diente nicht nur dem sozialen Ausgleich und der Linderung der Not der besitzlosen Muhajirun.

Sie sollte auch helfen, die festen Sippenblöcke aufzulockern. Dies war wichtig, denn die Gräben vor allem zwischen den Aws und den Khazraj waren tief und längst nicht überwunden. Auch nach der Ankunft des Propheten und ihrem gemeinsamen Eintritt in den Islam, mit dem sie zu Geschwistern im Glauben geworden waren, war die Gefahr des Ausbruchs von Feindseligkeiten noch nicht gebannt. Feinde konnten durch die Erinnerung an die unseligen Zeiten immer wieder Wunden aufreisen und Hass schüren. Mit der Zeit wurde die Einheit der muslimischen Gemeinschaft immer stärker und tiefe Gläubigkeit, Brüderlichkeit und die Liebe zu Gott und Seinem Gesandten ersetzten unwiederbringlich den Geist der alten Zeit der Unwissenheit, der Jahiliyya.


 

 

 

 

 
   
 
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